Teil meines persönliches Trading-Konzepts
Ich habe für mich ein persönliches Trading/Anlagekonzept erstellt, was sehr unterschiedliche Aspekte grundsätzlich festhält. Hierzu gehören aus meiner Sicht im Minimum folgende Themen:
- Trading-Strategie mit den Einstiegs-Kriterien (Entry-Setups) und den zugehörigen Ausstiegs-Kriterien (Exit-Setups) sowie das zugehörige Money-Positions-Management.
- Aspekte zur Erhöhung der Trading-Qualität
- Festlegung der eigentlichen persönlichen Ziele d.h. was sind eigentlich meine persönlichen Ziele und was ist die Motivation dahinter? Was will ich wirklich erreichen und was ist mein Ideal?
- Aufschlüsselung von Erfolgen und dessen Grundlagen
- Sammlung von mentalen Übungen und Anregungen, um mit den emotionalen Belastungen an der Börse umgehen zu können
- Anomalien in der Entscheidungsfindung
Ich möchte nicht mein Trading-Konzept publizieren, da dies eine sehr persönliche und invididuelle Grundlage hat. Dennoch würde ich einige wichtige Erkenntnisse zu bekannten Anomalien in der menschlichen Entscheidungsfindung und Bewertung von Informationen gerne aufschlüsseln. Im zweiten Teil werde ich entsprechende Lösungsideen hierzu skizzieren.
Die Erkenntnisse sind grundsätzlich nicht neu und an dieser Stelle nur zusammengetragen, so dass man sich mit den Themen nochmals intensiver beschäftigen kann. Ich möchte hiermit Anregungen gerne weitergeben in der Hoffnung, dass der ein oder andere damit einen wichtigen Baustein für sein eigenes Trading-Tagebuch und sein eigenem Trading-Plan ausarbeiten kann.
Anomalien in der Entscheidungsfindung
Verlustvermeidung wird höher gewichtet als Gewinnerzielung | |
Gegen eine Mehrheit zu stellen erzeugt Angst | - Trading sollte One-upmanship vermeiden
- Handelsergebnisse nur mit sich selbst vergleichen
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Gegenwärtige Belohnungen werden höher bewertet als zukünftige | |
Lösung komplexer Probleme zeigt wiederkehrende Probleme | - Nichtberücksichtigung Fern und Nebenwirkungen
- Handeln ohne Analyse der vorliegenden Situation
- Nichtberücksichtigung von Prozessabläufen
- Festhalten an Methodismus
- Flucht in Einzellösungen
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Informationsaufnahme | - Selektive Wahrnehmung
- Framing-Effekt
- Adaption von Massen und Autoritätsmeinungen
- Informationsverarbeitung
- Reduktion der Komplexität & Vereinfachung von Sachverhalten
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Verfügbarkeitsheuristik | - Zur Reduzierung der Komplexität eines Sachverhalts wird auch die Verfügbarkeitsheuristik eingesetzt. So hält ein Anleger, der bereits einen Aktienmarktcrash miterlebt hat, die Wahrscheinlichkeit eines Kurseinbruchs für viel höher als ein Anleger, der bisher keine derartigen Erfahrungen gesammelt hat.
- Um schnell zu einem Urteil zu kommen, erfolgt häufig der Rückgriff auf den „Ankereffekt“. So wird die Neigung der Menschen bezeichnet, ihre Einschätzungen mit oftmals willkürlichen und daher falschen – Referenzwerten ihres Gedächtnisses zu verknüpfen. Dies geschieht insbesondere dann, wenn bestimmte Informationen nicht sofort eingeordnet und bewertet werden können.
- Bei Kursprognosen dienen meist „runde“ Kursniveaus, Höchst- oder Tiefstkurse oder das aktuelle Niveau als Anker
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Vereinfachungsheuristik | |
Mentale Kontenführung | |
Verankerungseffekt | Denken in Bezugspunkten bei komplexen Schätzungen |
Repräsentativität | - Muster und Zusammenhänge werden erkannt, die so nicht representativ sind
- So hat jeder Mensch eine Vielzahl von Schemata im Kopf, die er sich durch Erfahrungen oder durch Lernen angeeignet hat.
- So ist zu beobachten, dass Menschen Wahrscheinlichkeiten von repräsentativen Ereignissen überschätzen.
- Ebenso häufig werden empirische und kausale Zusammenhänge überbewertet beziehungsweise auch dann gesehen, wenn gar keine vorhanden sind.
- Letzteres kann mit dem eingangs beschriebenen Kontrollbedürfnis in Verbindung gebracht werden.
- Per Saldo zeigt sich, dass die Anwendung von Heuristiken häufig zu Fehleinschätzungen und zu nicht optimalen Entscheidungen führt.
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Verhalten Überschätzung | - Selbstüberschätzung
- Informationsgehalt von Nachrichten
- Kontrollillusion
- Qualität eigener Prognosen
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Dispositionseffekt | - Unterschiedliche Risikoeinstellung zu Gewinnen und Verlusten aufgrund der Wertfunktion der Prospect Theory
- Gewinnbereich sind Marktteilnehmer risikoavers durch Sicherheitseffekt
- Im Verlustbereich risikofreudig
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Sunk-Cost-Effekt | - Verharren in Verlustpositionen, um diese nicht realisieren zu müssen
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Herdentrieb | - Starke Kursbewegungen werden als Markttrend wahrgenommen
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Kognitive Dissonanz | - Marktteilnehmer haben eine Tendenz zur Harmonie, d.h. Informationen werden ignoriert, wenn diese getroffene Entscheidungen nicht im Einklang stehen
- Besteht eine starke emotionale Bindung zwischen Entscheider und der Entscheidung selbst (hohes Commitment),
- kann ein Rückgängigmachen der Entscheidung unmöglich werden
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Regret-Avoidance | - Abneigung gegen Veränderung nach einer getroffenen Entscheidung
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Kosten einer Fehlentscheidung wird höher eingeschätzt als ein möglicher Opportuniätsgewinn | |
Besitztumeffekt | - Werte im Besitz werden höher bewertet
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Anleger nehmen positiv getradete Titel nicht objektiv wahr | - Anleger „verlieben“ sich schnell in bestimmte Aktien
- Es wird angenommen, diese Aktien besonders gut zu kennen
- Oft herrscht eine voreingenommene Meinung zu einem Wert vor
- Viele Anleger gehen an der Börse immer wieder gleich vor:
- Es werden Wertpapiere gekauft, die schon einmal Gewinne einbrachten
- Es werden Aktien mit einem hohen Volumen gekauft
- Wertpapiere, die schon einmal mit Verlust verkauft wurden, werden langfristig gemieden
- Aktien im Depot, die einen Verlust aufweisen, werden durch Zukäufe verbilligt
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Overtrading | - Innerlicher Zwang, unbedingt im Markt zu sein
- Druck zum Einstieg und schnelle Ausstiege durch Angst wechseln sich ab
- Trading-Gebühren in Bezug zum Gewinn/Verlust zu hoch
- Tradefrequenz sehr hoch - bis zu 20 Trades und mehr pro Tag
- Risiko wird nicht an die Tradefrequenz angepasst (20 x 0,5% Positionsrisiko = 10% pro Tag)
- Ohne Risiko-Management sind hohe Tages- u. Monatsverluste die Folge
- Es kann ein starker Stressfaktor mit Burnout Folgen entstehen
- Lassen Sie den PC ruhig einmal aus und erholen Sie sich
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Mentale Buchführung | - Mit mentaler Buchführung wird die Gewohnheit des Menschen bezeichnet, die mögliche Abhängigkeit zwischen den einzelnen in Frage kommenden Engagements und Projekten zu vernachlässigen.
- Menschen haben daher nicht die Gesamtheit aller Projekte und deren wechselseitigen Auswirkungen im Kopf, sondern führen mehrere separate, sogenannte „mentale“ Konten.
- Dabei übersieht er den Diversikationseffekt und verschenkt mögliche Gewinnchancen.
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Lösungsideen für den Umgang mit Anomalien und begleitenden Problemen
Nachfolgende Ideen für den Umgang mit den Anomalien erscheinen in einigen Fällen sehr trivial, scheitern in der Praxis aber oft an der Disziplin und der konsequenten Einhaltung. Auch diese Liste muss praktisch konsequent "geprüft" werden auf mögliche Indizes bei der persönliche Anlage.
Dispositionseffekt | - Beim Traden spielt die innere Erwartungshaltung eine sehr große Rolle
- Nie unbegründet aussteigen, man weiß nie wie der Trade laufen wird!
- Trader ist es daher ratsam, sich selbst beim Traden zu beobachten
- Bauch- oder emotional geprägte Entscheidungen sollten unterlassen werden
- Im Gewinnfall sollte immer ein nachgezogener Stopp den Trade beenden
- Für den Verlustfall sollte grundsätzlich ein Initial-Stopp gesetzt werden
- Bei Ausstiegen immer vorher den Grund überprüfen
- Es gelten nur technische oder fundamentale und keine emotionalen Gründe
- Vor jedem Trade sollte sich der Trader auf „Neutral“ stellen
- Der Einsatz einer Ausstiegscheckliste ist empfehlenswert
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Overtrading | - Eigene Emotionen beobachten - Check vor Einstieg
- Tagesgewinn- und Verlustziele festlegen
- Maximale Anzahl an Trades pro Tag
- Diese Ziele werden als Verpflichtung empfunden
- Auch Wochenziele sind möglich
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Optikfehler beim Trading | - Aktuell Kurs stösst am unten Chartrand an. Chart sollte immer mittig im Chart liegen
- Genügenden Freiraum sowohl auf der X- als auch auf der Y-Achse schaffen
- Keim Kampf mit dem aktuellen Bar-Chart. Man sollte immer einen Blick auf die übergeordneten Zeitfenster und vor allem ausreichende Bars haben
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10h Trading und keine Nebenarbeiten | - Suche / Beobachtung sollte sich beschränken auf die Suche nach Einstiegs-und Ausstiegssignalen.
- Zeit sollte genutzt werden fürs Lernen, Trading-Journals oder Backtesting von eigenen Strategien
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Ständige Kontrolle des Marktes | - Markt sollte als einzelne Gelegenheiten verstanden werden und nicht als „ständiges Band“
- Konkretes Regelwerk hebt ein durchgehendes Beobachten des Marktes auf
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Einstiegssignale sind nicht für die Verluste verantwortlich | - Kernfrage ist NICHT „Wie komme ich am schnellsten in den Markt“
- Kernfragen sind: Wie komme ich aus einer Position vernünftig sinnvoll mit Gewinn heraus?
- Kernfrage: Wo entsteht Bewegung im Markt mit guten CRVs
- Gewinnsteigerung sollte auch durch die Suche nach Fehltrades begleitet werden und nicht nur nach der Suche nach besseren Einstieg-Ausstiegen
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Angenehme mentale Grundstimmung | - Positive Umgebung schaffen: Klare Formen, Klare Strukturen, Angenehmige Temperatur, Belüftung
- Positive Verstärker einsetzen, d.h. Dinge die an Erfolge erinnern
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Positive Selbstsuggestion | - Versichern Sie sich durch ständiges Wiederholen, dass heute ein erfolgreicher Tradingtag wird und wieder ein Tag beginnt, der ein näher an seine persönlichen Ziele bringt „„Ich schaffe alles, was ich mir vornehme. Ich werde heute gewinnen. Ich sehe mein Vermögen vor meinem geistigen Auge wachsen.“
- Vermeiden Sie negative Selbstsuggestion und nutzen Sie jeden Fehler um diesen als Chance zu sehen, besser zu werden
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Intensität ist Lernen | - Lernen ist mit Intensität verbunden: Nicht nur hören, sondern auch sehen und fühlen und mitmachen: Deswegen mitschreiben, mitexperimentieren oder miterklären im Lernprozess
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Programmieren Sie sich auf das Positive | - „Erleben Sie nicht nur das Negative“, sondern gerade das Positive. Feiern Sie jeden Gewinn-Trade: Machen Sie die Becker-Faust und springen Sie auf. Gönnen Sie sich etwas.
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Sonstige Hinweise | - Konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen Informationen und analysieren Sie diese genau.
- Nachrichten, die schnell und einfach greifbar erscheinen, sind auch für andere leicht verfügbar. Die Gefahr, dass diese bereits in die Kurse eingefl ossen sind, ist daher hoch.
- Wenn Sie eine Meinung zu einem bestimmten Markt oder Wertpapier haben, versuchen Sie Menschen zu finden, die eine konträre Sicht haben. Marktteilnehmer, die Ihren Analysen zustimmen, haben häufig die gleiche Position wie Sie selbst und sind daher alles andere als neutral.
- Lassen Sie sich nicht von „Stimmungsmache“ ablenken, sondern treffen Sie Ihre eigene Entscheidung.
- Sorgen Sie für eine ausreichende Diversifikation Ihrer Anlagen.
- Gehen Sie diszipliniert vor. Setzen Sie sich bereits vor der Transaktion Kauf- und Verkaufsziele. Eine gute TradePlanung leistet hierbei wertvolle Dienste.
- Behalten Sie das große Bild im Auge, anstatt auf jede gerade verfügbare Neuigkeit zu reagieren.
- Vermeiden Sie Entscheidungen, die von Panik oder Euphorie getragen werden.
- Erkennen Sie eigene Fehler und sehen Sie diese als Chance an, daraus zu lernen.
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Diese Ideen sind alleine zum Durchlesen nutzlos. Erst in der Aufarbeitung eines eigenen persönlichen und gelebten Trading-Plans und dem zugehörigen Trading-Tagebuch wird die Qualität im eigenen Handeln und Trading verbessert werden.